Am Mittwoch, den 20. Juli 2022 – auf den Tag genau 200 Jahre nach der Geburt von P. Gregor Mendel OSA – hielt Frau Silvia Eckert-Wagner einen Vortrag zum Leben und Wirken des Augustiners, der durch die Entdeckung der Mendelschen Regeln die Grundlage für die moderne Vererbungslehre gelegt hat.
Frau Silvia Eckert-Wagner ist eine Nachfahrin der Familie Mendel. Gregor Mendel war, wie sie anschaulich mithilfe einer Ahnentafel darstellte, ihr Ur-Ur-Ur-Ur-Onkel – eine entfernte Verwandtschaft zwar, die aber den Vortrag durch den persönlichen Zugang zum Thema sehr bereichert hat.
Gregor Mendel wurde am 20. Juli 1822 in Heinzendorf geboren, einem kleinen Straßendorf in der Gemeinde Petersdorf (Vražné) im „Kuhländchen“, im heutigen Tschechien. Wohin sein Lebensweg führen würde, schien zunächst klar: Als eines von drei Kindern und einziger Junge würde er den elterlichen Hof übernehmen – einen Hof, der noch heute steht und durch den tatkräftigen Einsatz der Heinzendorfer und weiterer Förderer zu einem Kulturzentrum mit Museumsausstellung, Schulungszentrum und Pension umgebaut werden konnte.
Und doch kam es anders: Der Pfarrer von Groß-Petersdorf, Johann Schreiber, war ein gelehrter Mann, der seine Gemeinde in der Veredelung von Obstbäumen anleitete. Man traf sich, so die Referentin, am Sonntag nach der Kirche und tauschte Erfahrungen und Pflanzen aus. Johann Mendel war selbstverständlich dabei und folgte den Versuchen interessiert – und der Pfarrer erkannte das Potential des Jungen. Er förderte ihn tatkräftig, und so konnte Johann Mendel ab 1834 das Gymnasium in Troppau und anschließend die Universität in Olmütz besuchen. Ein Unfall seines Vaters zwang den jungen Mann, bereits mit 16 Jahren seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer selbst zu verdienen, und nur durch den Einsatz einer seiner beiden Schwestern, Theresia, die auf einen Teil ihres Erbes verzichtete, konnte der junge Mendel seine Studien fortführen. Johann Mendel war Zeit seines Lebens immer wieder gesundheitlich angeschlagen, und so musste er auch auf der Universität Prüfungen wiederholen – seine Lehramtsprüfungen, zu denen er 1850 und 1858 antrat, hat er nie bestanden. So war er, obwohl er als Lehrer ausgesprochen beliebt gewesen sein muss, stets nur als Aushilfslehrer tätig.
Johann Mendel entschied sich, in das Augustinerkloster St. Thomas in Alt-Brünn einzutreten. Hier spielten, so Frau Eckert-Wagner, sicherlich nicht nur geistliche Gründe eine Rolle. Johann Mendel wünschte sich sehr, sich der Sorge um das tägliche Brot zu entledigen, um sich weitergehend der Wissenschaft widmen zu können. In Abt und Prälat Cyrill Napp fand er einen weiteren Förderer: Der Abt ermutigte seine Mitbrüder zum Studium der Naturwissenschaften und bemühte sich selbst um die Entwicklung der Landwirtschaft. Hierzu ließ er einen Versuchsgarten im Kloster anlegen – jenen Garten, in dem Johann Mendel, nun P. Gregor Mendel, zwischen 1856 und 1863 seine Versuche mit Erbsen vollzog. In einem 7 auf 35 Meter großen Beet züchtete Mendel über sieben Jahre hinweg über 28 000 Pflanzen, um die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung zu erforschen. Er kreuzte verschiedene Sorten von Erbsen miteinander, um Korrelationen zwischen den Merkmalen der Elternpflanzen und den Merkmalen der neu gezüchteten Tochterpflanzen aufzuzeigen. Es gelang ihm schließlich, die Mendelschen Gesetze zu formulieren, die noch heute auf dem Lehrplan jedes Biologieunterrichts zu finden sind.
Gregor Mendel stellte seine Ergebnisse 1865 vor dem Naturforschenden Verein in Brünn vor, ein Jahr später wird sein Vortrag gedruckt und an Wissenschaftler in ganz Europa versandt. Eine Reaktion bleibt jedoch aus.
Die Enttäuschung über die fehlende Resonanz schränkte Mendels wissenschaftliche Neugier jedoch nicht ein: Auch nach Abschluss seiner Versuche zur Vererbungslehre tätigte Mendel weitere wissenschaftliche Forschungen, züchtete Bienen und unternahm meteorologische Beobachtungen. Als er 1968 zum Abt von St. Thomas gewählt wurde, kam ein weiteres Betätigungsfeld hinzu: Er kämpfte gegen das Religionsfondgesetz, welches das Kloster zu umfangreichen jährlichen Abgaben zwingen sollte. Am 6. Januar 1884 starb Johann Gregor Mendel und wurde drei Tage später in der Klostergruft auf dem Brünner Zentralfriedhof beerdigt.
Erst im Jahr 1900, 35 Jahre nach der Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse zur Vererbungslehre und 16 Jahre nach seinem Tod, wurden die Forschungen Mendels wiederentdeckt – und nun wurden sie umfangreich rezipiert: Die Mendelschen Vererbungsgesetze werden allgemein anerkannt und weiterentwickelt und Johann Gregor Mendel erlangt weltweit Ruhm als „Vater der Genetik“.