Maria Eich

Die Geschichte der Wallfahrt

Maria Eich kann zwar im Vergleich zu anderen bayerischen Wallfahrtsorten nur auf eine relativ kurze Tradition zurückblicken. Dennoch erfreut sich dieser Wallfahrtsort einer bis in die Gegenwart ungebrochenen Volkstümlichkeit. Bis heute hat sich Maria Eich den Charakter eines stillen Gnadenortes bewahrt. Auch an Wochentage finden sich den ganzen Tag über Beter vor dem Gnadenbild ein. Das Fehlen von Biergärten und Restaurants in unmittelbarer Nähe macht Maria Eich zu einem heute nur noch selten anzutreffenden Ort der Stille und des Gebetes.

 

Maria Eich, das sich auf dem alten Siedlungsgrund des Würmufers im Westen an den Münchener Vorort Planegg anschließt und heute auch zu dessen Pfarrsprengel gehört, verdankt seine Entstehung einer Muttergottesstatue, die die Schmiedssöhne Franz und Kaspar Thallmayr in den Jahren zwischen 1710 und 1712 an einer Eiche angebracht haben. Ihre Stiftung blieb allerdings weitgehend unbeachtet, bis sich die Dienstmagd des Hofbauern zu Planegg, Katharina Merger, in einer gefährlichen Krankheit des Marienbildnisses erinnerte und sich für den Fall, dass sie wieder gesund würde, dorthin „verlobte“. Nach ihrer alsbaldigen Genesung kam sie auf den Knien als erste Wallfahrerin zur Maria in der Eiche.

Ein Betschemel, der daraufhin am Fuße des Baumes aufgestellt wurde, blieb die einzige Bequemlichkeit, die den Pilger zum Innehalten erwartete, bis die kranke Tochter des Georg Wastian, des Schwaigers zu Planegg, ihren Vater bat, um das Marienbildnis ein Gebäude zu errichten, damit sie von ihren Gebrechen erlöst werde. Das Leiden des fünfjährigen Kindes fand tatsächlich ein baldiges Ende.

In den Jahren von 1732 bis 1734 wurde daraufhin eine hölzerne Kapelle erbaut, die mehreren Betern Platz bot. Das Gnadenbild, das von der Rinde der Eiche bereits teilweise überwuchert gewesen war, wurde aus dem Baum gestemmt und vor diesem frei aufgestellt. Ein Raub der Ausstattung und des Inhaltes des Opferstockes der unverschlossenen Kapelle war im Jahre 1742 der unmittelbare Anlass für den Bau eines gemauerten Kirchengebäudes.

Mit der Zustimmung und der besonderen Unterstützung der örtlichen Herrschaft, der Freiherren von Ruffini, wurde bis zum Jahre 1745 durch den Planegger Maurermeister Kempter und den Zimmermeister Bach aus Steinkirchen die Kapelle in Maria Eich errichtet. Die Baukosten wurden durch die Gaben der Pilger und die Stiftungen einzelner Gönner, die Freigiebigkeit des Barons von Ruffini und aus dem Vermögen der Pfarrei aufgebracht. Die Weihe konnte erst am 18. Mai 1768 durch den Freisinger Bischof Johann Theodor erfolgen. Die oberhirtliche Genehmigung hierfür hatte der damals zuständige Pfarrer von Puchheim erst nach der Erfüllung der Bedingung, dass zuvor die ruinöse Kirche St. Georg in Steinkirchen restauriert werde, und gegen den Widerstand des Pfarrers der Nachbargemeinde Gräfelfing erhalten. Im Jahre 1775 erhielt die Kapelle dann zwei Glocken.

Die achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts bildeten wohl einen ersten Höhepunkt der noch jungen Wallfahrt. Die Menschen kamen nicht bloß aus der näheren und weiteren bäuerlichen Umgebung, sondern auch aus der Hauptstadt, darunter auch hochgestellte Persönlichkeiten. So fanden sich des öfteren die verwitwete Kurfürstin und der hohe Adel ein. An manchen Festtagen waren sogar 15–20 Priester anwesend und mussten lange warten, bis sie an dem einzigen Altar zelebrieren konnten. Dieses Aufblühen der Wallfahrt nach Maria Eich machte bald verschiedene bauliche Erweiterungen notwendig: 1780 wurden an der Westseite ein Freialtar und eine Kanzel aufgestellt. Die Kirche selbst ergänzte man durch zwei Seitenkapellen mit eigenen Altären zu einer kreuzförmigen Anlage. in den Jahren 1843 und 1846 wurden sowohl der Freialtar als auch die Kanzel an die witterungsgünstigere Ostseite der Kapelle verlegt. Im Jahre 1866 fand sich ein Stifter für einen Kreuzweg auf der Wallfahrtsstraße von München nach Maria Eich.

Das 20. Jahrhundert vervollständigte die Bautätigkeit durch die Aufstellung neuer Kreuzwegstationen auf dem von Lochham herführenden Wallfahrerweg im Jahre 1930 und eine Neugestaltung des baufällig gewordenen Turmes und des Freialtares durch Michael Steinbrecher 1932. Im Jahre 1938 wurde anlässlich einer Innenrenovierung der ursprüngliche Zustand der Seitenaltäre wiederhergestellt.

Gleichzeitig mit der Errichtung des ersten Kirchenbaues wurden auch für die Seelsorge in Maria Eich feste Regelungen getroffen. Im Jahre 1745 gab das bischöfliche Ordinariat die Erlaubnis, für einen Bruder Onoffrius, den Baron Ruffini aus Straubing geholt hatte, eine Klause zu errichten. Im folgenden Jahr entstand zu diesem Zwecke das Gebäude, das heute als Mesnerhaus dient. Diese Klause belebte nicht nur die Wallfahrt, sie wurde auch das Schulhaus der umliegenden Dörfer. Bis in das 19. Jahrhundert hinein erhielten die Kinder aus Krailling, Stockdorf, Gräfelfing, Lochham und Martinsried hier ihren Unterricht.

Im Jahre 1790 wurden sowohl die eigentliche Klause als auch der Schulraum vergrößert, schon im Jahre 1804 aber wurde erstere im Rahmen der Säkularisation aufgehoben. Der letzte Klausner durfte nur noch in Maria Eich bleiben, um seine Lehrtätigkeit auszuüben, bis im Jahre 1819 die Planegger Schule errichtet war.

Der besonderen Aufmerksamkeit der Wallfahrer erfreute sich zu allen Zeiten die Eiche, die dem Ort den Namen gegeben hat. Der Bau der steinernen Kapelle sparte dem hinter dem Hochaltar wurzelnden Baum eine Dachöffnung aus, so dass die Äste in den offenen Himmel ragten. Dadurch war es möglich, dass am 13. August des Jahres 1805 ein Blitz in die Eiche fahren und deren Krone zerstören konnte. Um wenigstens den Stamm zu retten, wurde dieser daraufhin weitgehend gestutzt und das darüberliegende Dach geschlossen. Der Stamm der Eiche ist noch heute hinter dem Hochaltar zu besichtigen, er wird jetzt allerdings von einer Glasvitrine umschlossen, um den früher von den Wallfahrern gerne geübten Brauch, einen Splitter des Baumes abzuschnitzen und mit nach Hause zu nehmen, zu vereiteln.

Diese in Maria Eich zu beobachtende Affinität der Gläubigen zu einem Baum und die Gründung eines Wallfahrtsortes mitten im Wald sind wohl auch Ausdruck eines urmenschlichen Bedürfnisses nach der Nähe zur Natur, das der Mensch aller Jahrhunderte gespürt hat, und des Verlangens nach Schutz vor den Unbilden des Klimas und des Wunsches nach der Verehrung dessen, der diese Kräfte erschaffen hat. Die besondere Aktualität dieser Fragen in der Gegenwart ist vielleicht mit eine Erklärung für die außerordentliche Beliebtheit, der sich die Wallfahrt nach Maria Eich gerade bei den benachbarten Stadtbewohnern erfreut. Die zuweilen von der Volkskunde erforschte Verbindung christlicher Baumwallfahrten zu primitiven germanisch-heidnischen Heiligtümern kann in Maria Eich dagegen aufgrund des späten Beginns der dortigen Wallfahrtsgeschichte nicht greifen.

Als 1953 die Augustiner die Wallfahrtsseelsorge in Maria Eich übernahmen, waren neue bauliche Maßnahmen angesagt. Zu den Gottesdiensten in der Wallfahrtskapelle, die nur für kleinere Gruppen Platz bot, und zu den Wallfahrtsgottesdiensten der umliegenden Gemeinden in den Sommermonaten, die im Freien gehalten wurden, wollte man jetzt ganzjährig zu Gottesdiensten an den Sonn und Feiertagen einladen. Das machte neue bauliche Maßnahmen erforderlich.

Zuerst hat der Augustinerorden sich ein Grundstück erworben und darauf ein kleines Kloster gebaut. Anschließend ging man daran, ebenfalls unter der Leitung des Architekten Michael Steinbrecher einen flachen Kirchbau zu erstellen, der mit einer Beichtkapelle verbunden war. Er war so konzipiert, dass er die Ansicht der bestehenden Gebäude nicht störte und sich gut in die Beschaulichkeit des Ortes mit der Waldlichtung einfügte. Weihbischof Johannes Neuhäusler weihte die neue Kirche am Festtag Mariä Empfängnis, dem 8. Dezember des Jahres 1958.

Schon wenig später, in den sechziger Jahren, stellte sich heraus, dass dieser Raum für die zunehmende Zahl der Gottesdienstbesucher zu klein war. So entschloss man sich, die Längsachse des Kirchenraumes um ein Drittel zu verlängern und verlagerte den Altar in die Mitte. Nun fasste der Raum zwar eine größere Anzahl von Kirchenbesuchern, aber der Raum als ganzer hatte seine Stimmigkeit verloren. Denn links und rechts vom Altar waren zahlreiche Bankreihen, der Zelebrant und der liturgische Dienst schauten auf die unmittelbar gegenüberliegende Sakristei und links davon in die niedrige, dunkle Beichtkapelle mit etlichen kurzen Bankreihen. Dieser Kirchenraum entsprach nun weder den pastoralen noch den liturgischen Anforderungen. Deshalb entwarf man später immer wieder Pläne für eine neue Lösung. Sie scheiterten jedoch sowohl an den Plänen, die das bestehende Ensemble zu sehr beeinträchtigt hätten, wie auch an der Finanzierung.

Im Frühjahr des Jahres 2005 unternahm der zuständige Wallfahrtskurat einen neuen Anlauf und machte in einem Brief an den Leiter des Erzbischöflichen Baureferates deutlich, dass eine räumliche Umgestaltung der Kirche notwendig sei. In den zuständigen Gremien der Erzdiözese wurde das Anliegen aufgegriffen. Zur Umsetzung und Verwirklichung des Bauvorhabens wurden Dipl.-Architektin Ursula Gonsior als zuständige Beauftragte des Erzbischöflichen Bauamtes und Clemens Pollok als Architekt vor Ort beauftragt, Pläne auszuarbeiten und angemessene Lösungen vorzuschlagen. Sie entschieden, den herkömmlichen Baubestand weitestgehend in die neue Lösung zu integrieren und zugleich ein Gesamtkonzept für Maria Eich zu entwickeln, die auch den Zugangsbereich zu Kirche und Kuratie sowie zum Kloster mit einbezog, was wiederum die Neugestaltung des Wallfahrtsladens sowie des Freialtars mit seinen Außenanlagen zur Folge hatte.

Im Herbst 2006 wurden die Pläne vom Erzbischöflichen Vergabeausschuss genehmigt, nach Pfingsten 2007 begannen die Arbeiten, am 17. September desselben Jahres konnte Richtfest gefeiert werden. Im Oktober 2008 fand die Madonna auf dem Stein von Carola Heine ihren Platz in der Kirche, am 16. November weihte Weihbischof Siebler den Altar der Kirche. Im Juli 2009 erfolgte der Einbau der Kirchenfenster von Johannes Schreiter. Von der Inneneinrichtung der alten Kirche wurden der Tabernakel, der Kreuzweg und die Orgel in den Neubau übernommen. Von April bis Oktober 2010 wurde der Eingangsbereich und der Freialtar mit den Außenanlagen umgestaltet.

Nachdem die Kirche und die Außenanlagen nun in einen guten Zustand gebracht worden waren, wurde die Gnadenkapelle in den Jahren 2013/14 umfassend renoviert.

Im August 2015 wurde das Seelengärtlein von Maria Eich, ein Klanggarten am Rande des Wallfahrtsplatzes, eingeweiht.

Seit September 2021 wird das Kloster Maria Eich umfassend saniert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Nachhaltigkeit: Wärmedämmung und neue Fenster sollen den Energieverbrauch reduzieren, ebenso Solarthermie und Photovoltaik; eine Regenwasserzisterne wird Trinkwasser sparen. Die Arbeiten sollen im Sommer 2023 abgeschlossen sein.